Das thermische Spritzen ist ein etabliertes Verfahren der Oberflächentechnik, das in zahlreichen Industriezweigen zur Anwendung kommt. Durch das Aufbringen funktionaler Schichten lassen sich die Eigenschaften von Bauteiloberflächen gezielt verbessern oder gezielt wiederherstellen – sei es im Hinblick auf Verschleissfestigkeit, Korrosionsschutz oder funktionale Eigenschaften wie elektrische Isolation und Wärmedämmung. Dabei steht eine Vielzahl an Spritzverfahren und Werkstoffen zur Verfügung, die je nach Anforderung individuell kombiniert werden können.
Grundlagen und Vorteile thermischer Spritzverfahren

Thermisches Spritzen bezeichnet eine Gruppe von Beschichtungsverfahren, bei denen ein Zusatzwerkstoff durch externe Wärmezufuhr aufgeschmolzen und mit hoher Geschwindigkeit auf eine vorbereitete Oberfläche aufgetragen wird. Die so entstehenden Schichten haften primär mechanisch und ermöglichen es, die Eigenschaften von Bauteiloberflächen gezielt zu verändern oder zu optimieren – ohne das Grundmaterial thermisch stark zu belasten.
Charakteristisch für alle thermischen Spritzverfahren ist der geringe Wärmeeintrag, der eine Beschichtung auch temperaturempfindlicher Werkstoffe erlaubt. Anders als beim Schweissen wird das Grundmaterial nicht aufgeschmolzen, was Verzug und Gefügeveränderungen verhindert. Zudem lassen sich thermisch gespritzte Schichten mit hoher Masshaltigkeit und variabler Dicke auftragen, von dünnen Funktionsschichten bis zu mehreren Millimetern starken Schichtsystemen.
Ein zentraler Vorteil liegt in der Werkstoffvielfalt: Vom reinen Metall über Legierungen bis hin zu Keramiken und Verbundstoffen können unterschiedlichste Materialien verarbeitet werden. Diese Vielfalt eröffnet ein breites Anwendungsspektrum – vom Verschleiss- und Korrosionsschutz über elektrische Isolation bis zur thermischen Barriere. Auch eine partielle oder vollflächige Aufbringung ist möglich, was eine gezielte Anpassung an bauteilspezifische Anforderungen erlaubt.
Darüber hinaus ermöglicht thermisches Spritzen die Wiederaufarbeitung verschlissener oder beschädigter Komponenten. Statt Neufertigung können bestehende Bauteile durch geeignete Beschichtungen instandgesetzt und weiterhin eingesetzt werden. Das Verfahren ist damit nicht nur technisch effizient, sondern trägt auch zur Ressourcenschonung bei.
Verfahren des Thermischen Spritzens im Überblick
Je nach Anforderung an Schichteigenschaften, Substratmaterial und Bauteilgeometrie stehen im thermischen Spritzen verschiedene Verfahren zur Verfügung. Diese unterscheiden sich im eingesetzten Energieträger, im Grad der Partikelbeschleunigung und im thermischen Einfluss auf das Substrat. Die Auswahl des geeigneten Verfahrens ist entscheidend für die Qualität und Funktionalität der Beschichtung.
Flammspritzen und Varianten
Beim klassischen Flammspritzen wird das Spritzmaterial – meist in Pulver- oder Drahtform – in eine Brenngas-Sauerstoff-Flamme eingespeist, dort aufgeschmolzen und durch Druckluft oder Gasstrahl auf das Bauteil gebracht. Die Flammentemperaturen liegen unterhalb der Schmelztemperaturen vieler Keramiken, weshalb dieses Verfahren besonders für metallische und niedrig schmelzende Werkstoffe geeignet ist.
Varianten wie das Drahtflammspritzen oder das Pulverflammspritzen mit Einschmelzen kommen häufig bei Reparaturaufgaben oder zur Masskorrektur zum Einsatz. Das Einschmelzen nach dem Aufspritzen erzeugt gas- und flüssigkeitsdichte Schichten mit hoher mechanischer Belastbarkeit.
Auch Metall-Flammspritzen, etwa mit Aluminiumdraht, ist verbreitet und findet Anwendung im Korrosionsschutz – insbesondere in maritimer Umgebung, da Aluminium einen kathodischen Schutz gegenüber dem Grundwerkstoff bietet.
Hochgeschwindigkeits-Flammspritzen (HVOF)
Das Hochgeschwindigkeits-Flammspritzen (High Velocity Oxy Fuel, HVOF) nutzt eine kontrollierte Verbrennung von Gas oder Kerosin, um extrem hohe Strahlgeschwindigkeiten zu erzeugen. Das Spritzmaterial wird dabei nicht vollständig aufgeschmolzen, sondern im plastischen Zustand mit hoher kinetischer Energie auf das Substrat aufgebracht.
HVOF-Beschichtungen zeichnen sich durch sehr dichte, haftfeste Schichten mit hoher Härte und geringem Porengehalt aus. Sie sind besonders verschleissfest und bieten eine exzellente Alternative zu Hartchrom – insbesondere im Hinblick auf Umwelt- und Arbeitsschutzanforderungen. Die hohe Prozessenergie ermöglicht zudem eine verbesserte Haftung auf metallischen Grundwerkstoffen.
Plasmaspritzen – auch als atmosphärisches Plasmaspritzen
Das Plasmaspritzen nutzt einen Lichtbogen, der ein durchströmendes Prozessgas ionisiert und so ein Plasma mit Temperaturen bis zu 20.000 °C erzeugt. Dadurch können auch hochschmelzende Werkstoffe wie Oxidkeramiken oder Hartmetalle verarbeitet werden.
Beim atmosphärischen Plasmaspritzen (APS) erfolgt der Prozess unter Umgebungsdruck und wird oft zur Herstellung von keramischen Funktionsschichten eingesetzt. Typische Anwendungen sind elektrische Isolationsschichten, Wärmedämmschichten oder Verschleissschutzschichten. Auch Innenbrenner kommen hier zum Einsatz, etwa bei der Beschichtung von Innenflächen oder Hohlzylindern.
Drahtlichtbogenspritzen, Drahtflammspritzen und Pulverflammspritzen
Das Lichtbogenspritzen basiert auf einem elektrischen Lichtbogen zwischen zwei Draht-Elektroden. Das aufgeschmolzene Metall wird durch Druckluft zerstäubt und auf das Substrat gebracht. Dieses Verfahren bietet eine hohe Materialauftragsrate und wird häufig für grossflächige Korrosionsschutzschichten verwendet – etwa im Stahl- oder Brückenbau.
Pulverflammspritzen kommt zum Einsatz, wenn pulverförmige Werkstoffe verarbeitet werden sollen. Es ist wirtschaftlich und vielseitig und eignet sich für die schnelle Wiederherstellung von Oberflächenfunktionen.
Drahtflammspritzen, eine Variante des klassischen Flammspritzens, verwendet metallische Drähte als Ausgangsmaterial. Das Verfahren ist vergleichsweise kostengünstig und eignet sich gut für die Applikation einfacher Schutz- und Reparaturschichten.
Werkstoffe für das Thermische Beschichten
Die Auswahl des Beschichtungsmaterials ist ein zentraler Faktor für die Leistungsfähigkeit thermisch gespritzter Schichten. Abhängig von der gewünschten Funktion – ob Verschleissschutz, Korrosionsbeständigkeit oder thermische Isolation – kommen Metalle, Legierungen, Hartmetalle oder Keramiken zum Einsatz. Auch Kombinationen aus unterschiedlichen Werkstoffen, sogenannte Pseudo-Legierungen, sind möglich.
Metallische Beschichtungen: Reine Metalle, Legierungen und Pseudo-Legierungen
Metallische Schichten zählen zu den am häufigsten eingesetzten Werkstoffen im Thermischen Spritzen. Reine Metalle wie Aluminium oder Zink werden primär für den kathodischen Korrosionsschutz verwendet – etwa im Schiffbau oder Offshore-Bereich. Besonders Aluminium eignet sich für das Flammspritzen, da es sich durch seine Oxidationsbeständigkeit und gute Notlaufeigenschaften auszeichnet.
Stähle und artgleiche Legierungen kommen vor allem bei Reparaturschichten zum Einsatz. Der Aufbau erfolgt schichtweise, wobei die mechanischen Eigenschaften des Originalmaterials erhalten bleiben. Selbstfliessende Legierungen – beispielsweise Nickel-Basis-Legierungen – ermöglichen das Einschmelzen der aufgetragenen Schicht, wodurch eine besonders dichte und verschleissfeste Oberfläche entsteht.
Sogenannte Pseudo-Legierungen bestehen aus einer Kombination mehrerer Werkstoffe mit komplementären Eigenschaften. Dazu zählen etwa Ni-Graphit-Beschichtungen mit selbstschmierenden Eigenschaften oder Keramik-Metall-Verbundschichten, die eine besonders hohe Verschleissbeständigkeit bieten. Auch Kombinationen aus Metall und Kunststoff zur Erzeugung von Antihafteigenschaften sind möglich.

Keramische Werkstoffe: Thermisches Spritzen mit Keramik
Keramiken werden im Thermischen Spritzen vorwiegend in oxidischer Form verarbeitet, etwa als Aluminiumoxid, Chromoxid oder Zirkonoxid. Aufgrund ihrer hohen Schmelzpunkte kommen sie überwiegend im Plasmaspritzverfahren zum Einsatz.
Keramikbeschichtungen zeichnen sich durch hervorragende Korrosions- und Verschleissbeständigkeit aus. Sie dienen als Schutzschichten in abrasiven oder chemisch aggressiven Umgebungen, als elektrische Isolatoren oder als Wärmedämmschichten – beispielsweise in der Turbinentechnik. Auch in der Auskleidung von Schmelztiegeln finden sie Verwendung, da sie von metallischen Schmelzen kaum benetzt werden.
Das thermische Spritzen mit Keramik erlaubt es, funktionale Schichten mit exakt definierten Eigenschaften aufzubringen, ohne dass das darunterliegende Substrat durch Hitzeeinwirkung verändert wird. So lassen sich auch temperaturempfindliche Werkstoffe zuverlässig beschichten.

Hartmetallbeschichtungen und Alternativen zu Hartchrom
Hartmetalle wie Wolframkarbid (WC) oder Chromkarbid (Cr₃C₂) bieten eine extrem hohe Verschleissfestigkeit gegenüber mechanischen Belastungen – insbesondere bei abrasivem oder erosivem Angriff. In Kombination mit metallischen Bindemitteln (z. B. Cobalt) entstehen dichte, harte Schichten, die selbst hohen Temperaturen und korrosiven Medien standhalten.
Hartmetallbeschichtungen werden häufig als umweltfreundliche und leistungsstarke Alternative zur galvanischen Hartverchromung eingesetzt. Im HVOF-Verfahren aufgetragen, überzeugen sie durch geringe Porosität, hohe Haftfestigkeit und exzellente Standzeiten – selbst bei anspruchsvollen industriellen Anwendungen, etwa in der Papier-, Druck- oder Öl- und Gasindustrie.
Typische Anwendungen des Thermischen Spritzens
Thermisch gespritzte Schichten finden branchenübergreifend Anwendung, wenn Bauteile besonderen Belastungen standhalten oder gezielte Funktionseigenschaften benötigen:
Verschleissschutz:
- Einsatz von Hartmetallen, Keramiken und Verbundwerkstoffen.
- Schutz vor Abrasion, Erosion und adhäsivem Verschleiss.
- Typische Bauteile: Walzen, Wellen, Lagerstellen, Kolben.
Korrosionsschutz:
- Metallische Beschichtungen aus Aluminium, Zink oder Nickellegierungen.
- Geeignet für aggressive Medien (z. B. Meerwasser, Chemikalien).
- Anwendungen in Offshore-Technik, Chemieindustrie, Kraftwerksbau.
Reparaturschichten:
- Wiederherstellung verschlissener oder beschädigter Komponenten.
- Ressourcenschonende Alternative zur Neufertigung.
- Besonders relevant bei hochpreisigen oder schwer ersetzbaren Bauteilen.
Elektrische und thermische Funktionen:
- Keramische Isolationsschichten oder leitfähige Metallschichten.
- Wärmedämmschichten in Hochtemperaturumgebungen.
Einsatzbereiche:
- Maschinen- und Anlagenbau, Papier- und Druckindustrie
- Luft- und Raumfahrt, Automobiltechnik, Energietechnik
Normen und Qualitätssicherung beim Thermischen Spritzen
Die europäische Norm DIN EN 657 sowie die internationale Norm ISO 14917 bilden die Grundlage für die Klassifikation thermischer Spritzverfahren. Sie unterscheiden die Verfahren nach dem eingesetzten Energieträger – etwa Lichtbogen, Brenngas oder Plasma – und definieren grundlegende Begriffe und Einteilungen.
Neben der normgerechten Ausführung des Beschichtungsprozesses ist auch die Qualitätssicherung ein essenzieller Bestandteil. Dazu zählen Prüfungen der Schichtdicke, Haftfestigkeit, Porosität, Härte oder Oberflächenrauheit. Ergänzt wird dies durch zerstörungsfreie Prüfverfahren, etwa zur Detektion von Rissen oder Einschlüssen.
Darüber hinaus ist die fachgerechte Vorbehandlung des Substrats – insbesondere das Reinigen und Aufrauen der Oberfläche – entscheidend für die Haftung der Beschichtung. Nur unter kontrollierten Bedingungen lassen sich reproduzierbare Ergebnisse erzielen, die den geforderten technischen Spezifikationen entsprechen.
Durch die Einhaltung dieser Standards wird nicht nur die technische Funktion der Beschichtungen sichergestellt, sondern auch deren wirtschaftlicher und sicherheitsrelevanter Einsatz in industriellen Prozessen ermöglicht.